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Thursday, October 14, 2010

Rettet die Wandtafel

Der Tafelvortrag wird zunehmend durch die Powerpoint-Vorlesung (PPV) verdrängt. Dies gilt zusehends auch für Grundvorlesungen. Ist diese Entwicklung im Sinne der Studierenden?

Das Gerüst einer PPV besteht aus einem festen Satz von Präsentationsgraphiken. Somit ist das Erscheinungsbild der Vorlesung schon vor Beginn bis ins kleinste Detail vorgezeichnet. Eine solche Präsentation lässt sich beliebig oft und mit gleicher Qualität abspielen, während eine Tafelbild stets aufs Neue in Handarbeit entwickelt werden muss. Wie bei Musikaufführungen stehen die Einzigartigkeit und Unverwechselbarkeit der künstlerischen Handarbeit der Vorbestimmtheit und Abspielbarkeit einer Präsentationskonserve gegenüber.

Eine PPV umfasst weit mehr Informationen als ein Tafelvortrag. Nicht selten werden 45 Folien pro Vorlesung präsentiert. Für eine Folie stehen dann durchschnittlich weniger als 2 Minuten zur Verfügung. In einer solch kurzen Zeit ist es den Hörern schlichtweg unmöglich, die auf den Folien abgebildeten Sachverhalte umfassend zu verstehen. Das kreative Denken wird dadurch kaum nicht gefördert. Die Studierenden werden zu passiven Hörern degradiert, weil die Notwendigkeit, den Stoff zu filtern und zu einer eigenen Mitschrift zu verdichten, entfällt.

Das Gesagte macht deutlich, warum zahlreiche Studierende Einförmigkeit, Reizüberflutung und Verflachung als Nachteile der PPV kritisieren. In Anbetracht dieser Lage erscheint es angebracht, sich der guten alten Wandtafel zu erinnern. Es gibt mindestens vier Gründe, warum dieses Medium eine echte Alternative zur PPV darstellt:
  • Die Vorlesung wird durch Verwendung der Wandtafel entschleunigt.
  • Die Wandtafel zwingt den Dozenten dazu, sich auf das Wesentliche zu beschränken.
  • Die Tafel erlaubt in stärkerem Maße eine Skizzierung von Einzelschritten eines Sachverhalts, etwa um verschiedene logische Ebenen eines wissenschaftlichen Konzepts oder eines technischen Systems erlebbar zu machen.
  • Der höhere körperliche Einsatz des Dozenten an der Tafel entspricht der Vorstellung, dass Hochschullehrer in ihrem Selbstverständnis einem Künstler auf der Bühne näher stehen als Verbandsfunktionären am Rednerpult.
Frei nach Andre Thess (Ilmenau).

In diesem Sinne werde ich die Wandtafel weiterhin als Präsentationsmedium für meine Grundvorlesungen und anspruchsvollen Master-Vorlesungen verwenden.

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